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Die starken familiären Bindungen auf den Philippinen werden besonders nach dem Ableben eines Familienmitgliedes deutlich. Dass das Sterben ein Teil des Lebens ist, wird wie hier bei einer Begräbnis-Zeremonie in Nordmindanao auch so praktiziert. Im Sommer 1995 hatten wir – eher durch Zufall – Gelegenheit, einer solchen Zeremonie in voller Länge beizuwohnen, als der letzte noch lebende Urgroßvater unserer Kinder in schon fortgeschrittenem Alter von 90 Jahren verstarb.

Der Leichnam wird in diesen Breiten nach Anwendung erforderlicher Konservierungsmethoden im Haus der nächsten Angehörigen so lange aufgebahrt bis alle Angehörigen Gelegenheit hatten, gebührend Abschied zu nehmen. Man trifft sich zu diesem Anlass nicht nur für den Tag der Bestattung sondern richtet sich für längere Aufenthalte bis zu einer Woche ein. Die Trauer wird durch gute und ausgedehnte Mahlzeiten erträglich gestaltet. Nachbarn und befreundete Bekannte verdienen sich dabei Ihren Anteil durch intensivstes und stundenlanges Gebet. Der oder die Verblichene ist bei alledem im Zentrum des Geschehens. Diese Abläufe erscheinen auf den ersten Blick vielleicht ein wenig makaber. Andererseits verliert der Tod aber viel von seinem Schrecken, und es fällt dadurch sehr viel leichter, diesen Teil des Lebens als natürlichen Akt zu begreifen.

Der Zug zum Friedhof wurde durch eine bunt zusammengestellte ‚Musikkapelle‘ bereichert. Eine vorgeschriebene Anzugsordnung war dabei nicht zu erkennen, würde wohl auch an den vorhandenen fianziellen Grundlagen ihre Grenzen gefunden haben.

Auch wenn das Ganze einen geradezu karnevalistischen Chararkter zu haben schien, so hatte es doch etwas Würdevolles. Der Sarg wird dann auf der „letzten Reise“ meist in einen Leichenwagen befördert, der sich in Schneckentempo in Richtung Friedhof bewegt. Meist schließen sich unmittelbar weitere Fahrzeuge wie auch Motorräder mit Angehörigen an sowie weitere Trauergäste, die zu Fuß mitmarschieren. Dadurch kann der Verkehr massiv beeinträchtig werden, besonders in städtischen Gegenden. Doch das gehört eben bei einer philippinischen Trauerzeremonie einfach dazu, und niemand scheint sich daran großartig zu stören. Nach der Ankunft am Friedhof wird der Betrauerte dann samt Behältnis zur letzten Ruhestätte befördert.

Der Sarg wird schließlich in einem kleinen Mauerwerk eingeschlossen, wobei jener erst kurz davor endgültig verschlossen wird, und die letzte Gelegenheit gekommen ist, nochmals Abschied zu nehmen. Auch dieser Teil der Trauerfeier erschien mir sehr würdevoll und legte eindringlich nahe, das Sterben als einen natürlichen Teil des Lebens zu begreifen – anders als in unseren Breiten, wo der Verstorbene bis kurz vor seinem Begräbnis unter Verschluss gehalten wird. Von ergreifendem und heftigstem Wehklagen begleitet wird dann das Mauerwerk verschlossen.