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Oder: Das etwas andere Zeitverständnis im Inselstaat

Obgleich der Tag auch auf den Philippinen 24 Stunden hat, tickt die Uhr hier anders. Zeit hat einen anderen Stellenwert als bei uns in Deutschland, sie wiegt spürbar weniger und ihr wird deutlich weniger Wert zugewiesen. Wer keine Geduld hat, wird sie hier lernen oder aber nicht lange bleiben. Denn wer keine Zeit hat, für den werden die Philippinen leicht zum Ärgernis. Die Zeit ist hier aber auch viel gleichmäßiger und ausgeglichener, denn was man hier warten muss, fließt an anderer Stelle wieder zu einem zurück. Fangen wir aber von vorne an.

Pinoy Time

Die Sonne diktiert den Tagesrhythmus auf den Philippinen.

Tageszeit, Zeitverschiebung, Zeitzone

Von 24 Tagesstunden ist es auf den Philippinen 12 Stunden hell. Ungefähr 6 Uhr morgens wird es hell – um 6 Uhr abends geht die Sonne unter. Dies variiert nur wenig, im Sommer geht die Sonne nur ein paar Minuten früher auf und später unter, im Winter gibt es dementsprechend ca. eine Stunde weniger Licht – der Unterschied ist um so deutlicher, je weiter nördlich man sich im Land aufhält.

Ganz egal ob man die Zeitumstellung in Europa für Sinn oder Unsinn hält, für die Philippinen hat sich diese Frage nie ernsthaft gestellt. Das heißt, dass die Philippine Time (PHT) zur deutschen Mitteleuropäischen Zeit (MEZ) im Sommer +6 Stunden Zeitunterschied hat, in der europäischen Winterzeit dann sogar +7 h.

Jahreszeiten

Ähnlich einheitlich wie der philippinische Tag ist das philippinische Jahr. Frühling, Sommer, Herbst und Winter – das gibt es auf den Philippinen natürlich nicht. Der wärmste Monat, der Mai, ist mit 28,3 Grad gerade einmal knappe drei Grad wärmer als – bibber bibber – der Januar mit schaurigen 25,5 Grad. Die Philippinen kennen daher praktisch nur zwei Jahreszeiten, regnerischer Sommer und trockener Sommer. In einigen Regionen regnet es vermehrt zwischen März und Oktober, in anderen ist es genau umgekehrt, in wieder anderen ist das himmlische Wasser gleichmässig über das ganze Jahr verteilt.

Zweit Jahreszeiten bestimmen das Wetter: trockener Sommer und verregneter Sommer

Zweit Jahreszeiten bestimmen das Wetter: trockener
Sommer und verregneter Sommer. Foto: Wikimedia Commons

Das Klima ist zwar für die Philippinos meist ein Segen, es hat sich aber auch tief in die philippinische Mentalität eingeschrieben. Nie wurde es notwendig einen Wintervorrat anzulegen, denn Bananen, Reis und Fisch gab es schon immer zu jeder Jahreszeit. Was aber, wenn eine Dürre oder ein Taifun die Ernten zerstört? Dann waren die Philippinen immer wieder auf internationale Hilfe angewiesen. Der fehlende Winter hat kulturell weitreichendere Folgen, als man sich zunächst vorstellen kann: Zwar gibt es hier ein nicht endendes Sommermärchen, doch ohne Herbst kein Erntedankfest und ohne Winterdepression auch keine Frühlingsgefühle!

Zeitmanagement

Die Sonne hat auch den Tagesrhythmus fest im Griff. Schon um 9 Uhr morgens brütet die Sonne. Gerade wer körperlich beschwerliche Aufgaben zu erledigen hat, tut gut daran, die frühen Stunden zu nutzen. Das unvermeidliche Hahnkrähen zum Sonnenaufgang (oftmals schon zu sehr frühen Morgenstunden) stört die Philippinos kaum, denn dies ist für die meisten genau die richtige Zeit zum aufstehen. Als Ausgleich wird oftmals am Nachmittag geschlummert (Siesta) und es ist auch eher üblich, deutlich vor 12 Uhr zu Bett zu gehen.

Auf den Philippinen beginnt der Tag mit dem ersten Kikeriki. Hähne gibt es auch in der Großstadt!

Auf den Philippinen beginnt der Tag mit dem ersten Kikeriki. Hähne
gibt es auch in der Großstadt!

Pünktlichkeit

Über ihre eigene Unpünktlichkeit können selbst die Philippinos lachen. Trifft man sich mit Freunden, so wird nicht selten eine Angabe à la “zwischen 7 und 8” gemacht, um sich dann tatsächlich aber erst zwischen halb und um 9 zu treffen. Deshalb sitzt zum Filmbeginn im Kino auch kaum ein Einheimischer. Ironischerweise fangen diese nämlich pünktlich an, ebenso wie man sich keineswegs darauf verlassen kann, dass Roros oder Flugzeuge nach „pinoy time“, also mit angemessener Verspätung, abfahren.

Die meisten der philippinischen Nahverkehrsmittel aber fahren weder pünktlich noch unpünktlich ab, denn oft gibt es gar keinen Fahrplan. Start ist, wenn der Bus, die Banka oder der Jeepney voll sind. Und hier zeigt sich die erfreuliche Seite des flexiblen Zeitmanagements. Nur selten muss man lange darauf warten, dass ein freies Gefährt einem Platz bietet. Ausnahme sind dabei natürlich die Stoßzeiten, insgesamt aber ist die bedarfsorientierte Nutzung der Fahrzeuge doch deutlich effektiver als ein sturer Fahrplan!

Lebenszeit

Die Lebenszeit des Philippinos ist wie die aller Menschen beschränkt. Knapp 69 Jahre sind ihm durchschnittlich gegeben, dass liegt zwei Jährchen unter dem Weltdurchschnitt, aber ganze zwölf Jahre unter dem Durchschnittsdeutschen. Die Gründe sind offensichtlich – nur die Wohlhabenden haben Zugang zum Gesundheitssystem und auch sonstige Faktoren (Luftverschmutzung, fleisch- und zuckerreiche Ernährung) sind – gelinde gesagt – nicht lebensverlängernd. Die geringere Lebenszeit löst hier aber keine Panik aus. Aus der Not eine Tugend machend ist Lebensqualität statt Quantität das Motto. Und wo kann man das Leben besser genießen als im ewigen Sommer!

Alt wie ein Baum werden nur wenige Philippinos. 69 Jahre ist das durchschnittliche Lebenserwartung.

Alt wie ein Baum werden nur wenige Philippinos. 69 Jahre ist das
durchschnittliche Lebenserwartung.

Tipp: Wer eine Reise auf die Philippinen unternimmt, der sollte die „deutsche Pünktlichkeit“ getrost einmal daheim lassen. Es gehört absolut zum Inselerlebnis dazu, dass man einfach mal auf Bus, Fähre oder gar Flugzeug warten muss.